Ministerin Müller kritisiert Streichungen im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz
Rede im Bundesrat: „Wir brauchen den vollen Instrumentenkasten, um die Krankenhausreform erfolgreich umsetzen zu können.“
- Erschienen am - PresemitteilungGesundheitsministerin Britta Müller kritisiert die Entkernung des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG). „Die Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune – wie der Name des Gesetzes es eigentlich verspricht – wird damit nicht erreicht. Wichtige Maßnahmen und neue Versorgungsansätze, auf die sich Bund und Länder im vergangenen Jahr verständigt hatten, wurden kurz vor der Beschlussfassung wieder gestrichen. Von den angekündigten ‚weitreichenden‘ Strukturveränderungen durch eine bessere Zusammenarbeit aller Akteure der Gesundheitsversorgung und den Kommunen in Richtung sektorenübergreifender Versorgung ist im Ergebnis der abschließenden Beratungen zum Gesetzentwurf im Bundestag nicht mehr viel übriggeblieben. Das ist fatal. Die Gesundheitsversorgung steht vor einem Wandel. Wir brauchen einen stärkeren Mix aus ambulanten und stationären Leistungen an einem Ort. Die Zukunft wird die ‚stambulante‘ Versorgung sein. Wir brauchen den vollen Instrumentenkasten, um die Krankenhausreform erfolgreich umsetzen zu können“, sagte Müller heute im Bundesrat.
Der Entwurf des GVSG wurde im Bundesrat im zweiten Durchgang und damit abschließend beraten. Der Bundestag hatte das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz am 30. Januar 2025 beschlossen.
Gesundheitsministerin Müller sagte in ihrer Rede im Bundesrat: „Insbesondere im Hinblick auf eine flächendeckende, wohnortnahe medizinische Versorgung in ländlichen Regionen sind beispielsweise die versprochenen Gesundheitsregionen und Primärversorgungszentren zwei ganz zentrale Punkte für Flächenländer wie Brandenburg. Eine wichtige Regelung für uns, die jetzt auch nicht mehr im Gesetzentwurf enthalten ist, wären die erleichterten Zulassungsvoraussetzungen für Medizinische Versorgungszentren. Diese müssen endlich geschaffen und umgesetzt werden, um mehr kommunale MVZ-Strukturen aufbauen zu können. Das ist auch für die Fachkräftesicherung entscheidend. Viele Ärztinnen und Ärzte finden für ihre Praxis keine Nachfolger. Die eigene Haus- und Facharztpraxis ist nicht mehr Traum einer jeden jungen Ärztin oder eines jeden jungen Arztes! Umfragen belegen den Trend zur Anstellung in MVZ-Strukturen. Hier gab es in den ersten Entwürfen für das Gesetz bereits erfolgversprechende Ansätze. Leider wurden sie wie viele andere wichtige Punkte ersatzlos gestrichen. Dies erschwert die Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren, die jedoch einen wichtigen Baustein zur vertragsärztlichen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum darstellen.“
Ministerin Müller: „Ein Paradebeispiel für gute Zusammenarbeit in einer Region ist das inzwischen deutschlandweit bekannte Ambulant-Stationäre Zentrum am Sana Krankenhaus Templin, wo übergreifende Unterstützungs- und Beratungsangebote unter einem Dach angeboten werden. Das Krankenhaus, das Ärztenetz ‚Gesund in Templin‘, die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg und die Stadt Templin verfolgen gemeinsam das Ziel, die Gesundheitsversorgung vor Ort nachhaltig sicherzustellen. Das ist beispielgebend! Die Förderung über den Innovationsfonds ist für das Projekt in Templin mittlerweile ausgelaufen. Hier hat es der Bundesgesetzgeber leider bislang versäumt, eine regelhafte Finanzierung ins SBG V zu überführen. Darüber hinaus benötigen wir einen erweiterten Instrumentenkasten für die sektorenübergreifende Bedarfsplanung und -versorgung. Da all die für Brandenburg elementaren Punkte nun nicht mehr verabschiedet wurden, werde ich mich gegenüber der neuen Bundesregierung mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Punkte wieder auf die Agenda kommen.“
Geblieben sind im GVSG letztlich die Regelungen zur Entbudgetierung der Hausärzte und die Einführung einer jahresbezogenen Versorgungspauschale für chronisch Kranke unabhängig von den Arzt-Patienten-Kontakten.
Gesundheitsministerin Britta Müller sagte dazu in ihrer Rede: „Wir begrüßen die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen. Ich glaube aber nicht, dass dieser Schritt den Zugang zu Hausarztterminen wirklich erleichtern wird! Die Menschen werden allein dadurch nicht schneller an einen Arzttermin kommen. Die Entbudgetierung steht auch im Spannungsverhältnis zwischen der aus fachlicher Sicht notwendigen Anerkennung der Tätigkeit der Hausärzte und der zunehmend prekären Finanzsituation der Gesetzlichen Krankenversicherung. Unbestritten ist, dass Hausärzte im Vergleich zu vielen anderen Fachärzten deutlich geringere Vergütungen erhalten. Hier bedarf es eindeutig einer Anerkennung, wenngleich das grundsätzliche Problem der sich verschlechternden Versorgungssituation damit nicht gelöst werden kann. Ob es dann auch zu einer Verbesserung der Versorgung und zu mehr Terminvergaben kommen wird, bleibt abzuwarten. Und ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass Vorgaben im Gesetz fehlen, die sicherstellen, dass anderen Leistungsbereichen der ambulanten Versorgung keine Mittel entzogen werden.“
Hintergrund
In Primärversorgungszentren arbeiten Angehörige unterschiedlichster Gesundheitsberufe eng zusammen und bieten Bürgerinnen und Bürgern eine umfassende medizinische Betreuung. Je nach regionalem Bedarf können neben hausärztlicher auch pädiatrische, gynäkologische, psychotherapeutische und weitere medizinische Grundversorgung angeboten werden.
Kommunale Medizinische Versorgungszentren sind für die ambulante medizinische Versorgung besonders auf dem Land entscheidend. Ein MVZ ist eine zugelassene, ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. MVZ sind eine Alternative zur Einzelpraxis. Seit 2015 können auch Kommunen ein MVZ gründen und damit aktiv die Versorgung in der Region verbessern.