Gesundheitsministerin Müller: „Finanzierungslücken bedrohen Sicherstellung der Versorgung“
Brandenburger Initiative zur Stabilisierung der Krankenhauslandschaft erhält Mehrheit im Bundesrat – Länder fordern vom Bund zusätzliche finanzielle Mittel für Krankenhäuser
- Erschienen am - PresemitteilungDer Brandenburger Entschließungsantrag für eine Überbrückungsfinanzierung zur Stabilisierung der Krankenhauslandschaft im Transformationsprozess der Krankenhausreform hat im Bundesrat heute (23. Mai) eine Mehrheit bekommen. Mit der Entschließung wird die Bundesregierung aufgefordert, zusätzliche Mittel für den Übergangszeitraum, bis die Reform vollständig greift, zur Verfügung zu stellen. Zudem wird der noch immer fehlende Inflationsausgleich für die Kliniken für die Jahre 2022 und 2023 gefordert. Mit dem heutigen Beschluss bittet der Bundesrat die Bundesregierung, zeitnah zu beiden Punkten einen Vorschlag vorzulegen.
Gesundheitsministerin Britta Müller sagte heute im Bundesrat in Berlin: „Wir alle arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung der Krankenhausreform, bei der an einigen Stellen noch weitere Nachbesserungen notwendig sind. Der Handlungsbedarf ist unübersehbar, und viele zentrale Fragen sind noch ungeklärt. Die Rückmeldungen aus den Krankenhäusern verdeutlichen die Schwächen des bislang nur theoretisch entwickelten Reformmodells. Sie schildern eindrücklich die Herausforderungen in der Praxis und fordern Unterstützung. Nur mit einer gemeinsamen Stimme können wir strukturelle Verbesserungen im Sinne einer zukunftsfähigen Krankenhausversorgung durchsetzen. Unseren Auftrag zur Sicherstellung der Versorgung ist für uns kein Lippenbekenntnis – wir nehmen ihn sehr ernst.
Es ist ein wichtiges Signal, dass die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Bedeutung verlässlicher Versorgungsstrukturen ausdrücklich anerkennt. Unsere wiederholten Mahnungen finden Gehör. Doch Worte allein reichen nicht – der Bund muss seiner Verantwortung jetzt auch konkret gerecht werden. Die Folgen der jahrelangen strukturellen Unterfinanzierung sind deutlich sichtbar und höchst alarmierend. Das Fundament, auf dem die Krankenhausreform aufbauen soll, weist bereits tiefe Risse auf. Diese Finanzierungslücken gefährden nicht nur einzelne Standorte – sie bedrohen zunehmend das gesamte System. Wenn vier von fünf Krankenhäusern im laufenden Jahr mit einem Defizit rechnen und zwei Drittel sogar eine weitere Verschlechterung erwarten, handelt es sich nicht um Ausnahmen, sondern um ein strukturelles Problem, das uns alle betrifft. Um das Fundament der stationären Versorgung zu stabilisieren, braucht es dringend einen strukturellen Inflationsausgleich.“
Die Ertrags- und Finanzlage vieler Krankenhäuser hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert, und die finanzielle Lage wird 2025 für viele noch schwieriger werden. „Das Problem, mit dem alle Kliniken zu kämpfen haben: Die branchenspezifische Inflation wird unzureichend berücksichtigt. Die Personal- und Sachkostensteigerungen im Krankenhaus liegen deutlich über der jahresdurchschnittlichen Inflation in Deutschland. Sollte die Betriebskostenunterfinanzierung nicht beseitigt werden, wird es unweigerlich zu noch mehr Insolvenzen als bisher kommen“, warnt Müller.
Ministerin Müller weiter: „Für eine nachhaltige Stabilisierung im laufenden Transformationsprozess, der weitreichende Veränderungen umfasst, ist zusätzlich eine bundesweit abgestimmte Überbrückungsfinanzierung unerlässlich. Nur so können die Ziele der Reform erreicht und die flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung gesichert werden. Die angekündigte Soforthilfe des Bundes für Krankenhäuser darf nicht bei vagen Absichtserklärungen stehen bleiben. Es braucht jetzt klare Zusagen und einen umsetzbaren, pragmatischen Vorschlag – und zwar schnell. Genau dazu ruft der Antrag auf.“
Der Deutschen Krankenhausgesellschaft zufolge haben rund 80 Prozent der Standorte das vergangene Jahr mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen (Krankenhaus-Barometer 2024). Gründe sind vor allem die Preissteigerungen bei den Personal- und Sachkosten, die in den vergangenen Jahren über den maximal möglichen Steigerungen des sogenannten Landesbasisfallwerts lagen. Das hat zu einer strukturellen Unterfinanzierung der Kliniken beigetragen. Der Landesbasisfallwert bildet die Grundlage für die Abrechnung der Fallpauschalen und bestimmt wesentlich die Höhe der Krankenhausbudgets. Der Bundesrat fordert deshalb einen wirksamen Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023 über die Steigerung der Landesbasisfallwerte um vier Prozent. Damit soll die strukturelle Unterfinanzierung der letzten Jahre rückwirkend begegnet werden.
Der durch die Krankenhausreform angestoßene Transformationsprozess verstärkt den finanziellen Druck. In der Begründung des Entschließungsantrags heißt es wörtlich: „Zur Unterstützung und Stabilisierung der Krankenhäuser im Übergangszeitraum sind deshalb zusätzliche finanzielle Mittel dringend notwendig. Ansonsten drohen weitere Insolvenzen und eine kalte Strukturbereinigung, bevor die Reform greift. Allen Standorten muss die Möglichkeit gegeben werden, die Übergangsphase zu überstehen.“
Die Krankenhausfinanzierung erfolgt in Deutschland nach dem Prinzip der „dualen Finanzierung“: Die Finanzierung von Krankenhausbauinvestitionen ist eine bundesgesetzlich festgeschriebene Aufgabe der Länder. Die Finanzierung von Betriebskosten der Krankenhäuser fällt in die alleinige Zuständigkeit des Bundes. Alle Kosten, die für die Behandlung von Patientinnen und Patienten entstehen, werden von den Krankenkassen finanziert. Der Bund ist gemäß Grundgesetz für die „wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser“ zuständig.