Spitzengespräch zum Rettungsdienst: Vereinbarung unterzeichnet – Verhandlungen sollen umgehend beginnen
Friedenspflicht von mindestens acht Wochen verabredet – In dieser Zeit keine Gebührenbescheide an Bürgerinnen und Bürger – Notruf 112 ohne Rechnung
- Erschienen am - PresemitteilungIm Streit um die Finanzierung der Rettungsdienste haben Landkreise und Krankenkassenverbände eine Vereinbarung geschlossen: Ab dem 1. April 2025 gilt eine Friedenspflicht von mindestens acht Wochen, die die Landkreise und Krankenkassen für Verhandlungen zu einer transparenten und kostendeckenden Kosten-Leistungsrechnung nutzen. Dabei gilt Musteroffenheit. Die Verhandlungen sollen umgehend beginnen. Während der Friedenspflicht wird es keine Kostenbescheide über Rettungsdiensteinsätze an die Bürgerinnen und Bürger geben. Die bestehenden Gebührenbescheide werden ruhend gestellt und keine Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen.
Das ist das Ergebnis des Spitzengesprächs, dass heute in Potsdam im Gesundheitsministerium stattgefunden hat. Daran nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Landkreise und kreisfreien Städte, der kommunalen Spitzenverbände und der gesetzlichen Krankenkassen sowie Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke teil. Zu dem Spitzengespräch hatte Gesundheitsministerin Britta Müller eingeladen. Sie hat das Gespräch moderiert. Seit Jahren schwelt in Brandenburg zwischen einigen Landkreisen und Krankenkassen ein Streit über die Finanzierung des Rettungsdienstes.
Gesundheitsministerin Britta Müller sagte nach dem Gespräch: „Das Ergebnis ist ein Erfolg für die Bürgerinnen und Bürger im Land Brandenburg. Der Notruf 112 bleibt ohne Rechnung. Damit ist klar: Wer in einem Notfall medizinische Hilfe braucht, bekommt sie – ohne Angst vor finanziellen Konsequenzen. Das haben wir heute erreicht. Es gibt keine Gebührenbescheide. Die vielen intensiven Gespräche, die ich in den letzten Wochen führte, haben gezeigt, alle müssen an einem Tisch. Heute saßen zum ersten Mal alle Beteiligten an einem Tisch. Das war dringend notwendig. Es war ein offener, sachlicher und intensiver Austausch. Dafür danke ich allen Teilnehmenden. Jetzt müssen die beiden Parteien zügig die Verhandlungen aufnehmen.“
Seit Wochen hat Gesundheitsministerin Müller gezielt den Dialog mit beiden Seiten gesucht und viele intensive Gespräche geführt, bei denen gemeinsam an tragfähigen Lösungen gearbeitet wurde. Sie hat auch dafür gesorgt, dass die betroffenen Landkreise die geeinte Kalkulation erhalten und selbst prüfen können.
Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke erklärte nach dem Gespräch: „Ich bin froh, dass die Kommunen und Kassen heute einen ersten wichtigen Schritt aufeinander zugegangen sind. Mit der Friedenspflicht von zunächst acht Wochen wird es jetzt keine weiteren Gebührenbescheide geben. Das gibt den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit. Ich bedaure, dass es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist. Das hätte vermieden werden müssen. Umso wichtiger war das heutige Treffen der Landkreise und kreisfreien Städte mit den Krankenkassen auf Initiative und Einladung der Landesregierung. Dazu hatte ich gerne meine Unterstützung zugesagt, um zu einer Lösung beizutragen. Jetzt müssen schnell dauerhafte Vereinbarungen gefunden werden. Dafür brauchen wir Transparenz und Verhandlungsbereitschaft auf beiden Seiten. Wichtig ist, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger mit keinem Cent zusätzlich belastet werden. Sie müssen sich weiterhin, egal ob in Städten oder Dörfern, auf eine schnelle medizinische Erstversorgung verlassen können.“
Hintergrund
In Brandenburg sind die 14 Landkreise und die vier kreisfreien Städte Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes. Sie erfüllen diese Aufgabe als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe.
Die Landkreise und kreisfreien Städte erheben für die Leistungen des Rettungsdienstes von allen Personen, die den Rettungsdienst in Anspruch nehmen, Benutzungsgebühren. Die Kosten werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenkasse direkt übernommen – wenn die Einsätze medizinisch notwendig sind.
Grundlage für die Ermittlung der Benutzungsgebührensätze ist eine zwischen den Verbänden der Krankenkassen und den jeweiligen Kreisen bzw. kreisfreien Städten abgestimmte, an einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung ausgerichtete Kosten- und Leistungsrechnung (KLR).
In der Kosten- und Leistungsrechnung sind zum Beispiel Kosten für Investitionen für den Auf- und Ausbau von Rettungswachen, für Betriebskosten der Rettungswachen, für Personalkosten des medizinischen Personals, das in den Rettungswachen, den integrierten Regionalleitstellen, der zentralen Koordinierungsstelle und an den Notarztstandorten eingesetzt wird, Kosten erforderlicher Aus- und Fortbildungen des medizinischen Personals oder Kosten für Fehlfahrten und Fehleinsätze einzutragen.
Vor dem Hintergrund des langjährigen Konflikts hatten die Kassen die bisherige KLR-Vereinbarung zum 31. März 2024 gekündigt. Eine neue umfassende Kalkulation als KLR wurde unter Beteiligung von Kommunen, eines externen Beraters und in enger Abstimmung mit den Kostenträgern entwickelt, juristisch geprüft und im Juni 2024 erfolgreich abgeschlossen. Sie berücksichtigt auch die aktuelle Rechtsprechung. Auf dieser Grundlage haben bereits mehrere Landkreise neue und kostendeckende Gebührensatzungen für ihren Rettungsdienst für das Jahr 2025 beschlossen, zuletzt Havelland und Ostprignitz-Ruppin. Auch das Land als Träger der Luftrettung hat sich auf der Grundlage dieser Kalkulation vor einer Woche mit den Kassen auf neue Gebühren verständigt; damit konnte das förmliche Verfahren zum Erlass der „Achtzehnten Verordnung zur Änderung der Luftrettungsdienst-Gebührenordnung“ jetzt eingeleitet werden.
Das Gesundheitsministerium hat die Rechtsaufsicht über die Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes. Das bedeutet, dass das Ministerium nur auf die Rechtmäßigkeit des Handelns der Landkreise und kreisfreien Städte schauen kann, also ob sie das Brandenburgische Rettungsdienstgesetz richtig anwenden. Und das Gesundheitsministerium hat auch nur die Rechtsaufsicht über die landesunmittelbaren gesetzlichen Krankenkassen – das sind die AOK Nordost und die Innungskrankenkasse Brandenburg und Berlin. Betroffen sind aber alle gesetzlichen Krankenkassen, deren Aufsicht liegt beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS). In Deutschland gibt es 94 gesetzliche Krankenkassen, die auch alle in der Region Berlin-Brandenburg Versicherte haben.